Wie kann ich einem Alkoholiker helfen?

Oft lese ich:

Du hilfst, indem Du nicht hilfst

Das ist richtig. Aber das versteht nur, wer die Krankheit Alkohol begriffen hat. Vielleicht sollte die Antwort eine Gegenfrage sein:

Warum willst Du ein Teil des Problems werden – oder bist Du es schon?

Jeder der das Leben eines Alkoholikers involviert ist, wird ein Teil des Problems.  Der Suchtkranke zieht seinen Co-Abhängigen in ein Abhängigkeitsverhältnis. Das fällt ihm leicht, denn sehr wahrscheinlich hat der Fragende schon eine entsprechende Vorgeschichte: Alkoholismus in der Familie, Vor-Beziehungen mit Suchtkranken, einen Beruf im Sozialen Bereich…

Wer einen Alkoholiker frisch kennengelernt hat sollte sich von ihm fernhalten und sich höchstens mal mit der Frage beschäftigen: „Wieso komme ich auf die vollkommen abwegige Idee einen Suchtkranken therapieren zu wollen?“ Da scheitern die Fachleute dran! Es gibt also einen Grund auf Gefühlsebene. Deswegen wird dieser Rat auch nicht befolgt werden.

Der Helfer wird also zum Teil des Problems

Das glaubst Du nicht? Der Trinker wird Dich bitten irgend etwas mit zu entscheiden, z.B. den Entzug abzubrechen. Egal was Du entscheidest – ab da bist Du  schuld an dem, was danach passiert. Die ganze Beziehung zwischen Suchtkranken und Co-Abhängigen funktioniert nach solchen Mechanismen.

Nicht nur der Alkoholiker muss entziehen, sein Umfeld muss ebenfalls therapiert werden

Es gibt gute Angebote für Co-Abhängige, mal nachfragen bei

  • Hausarzt
  • Psychologe
  • Krankenkasse
  • Selbsthilfegruppe

In einem guten Fall kann das so laufen: Der Co-Abhängige macht eine Therapie und erkennt wie Suchtkranker und Co-Abhängiger sich gegenseitig triggern. Daher beendet er die Beziehung und lebt ein suchtfreies Leben. Ohne Zusammenspiel mit dem Co erkennt der Kranke sein eigenes Drama und lässt sich ebenfalls helfen.

Das haltet Ihr für Utopie?

Mag sein, dass es nicht mehr Alkoholiker rettet als der „In guten wie in schlechten Tagen“-Blödsinn (<- absichtlich unsachlich), weniger aber sicher auch nicht. Es würde aber die Angehörigen und über zwei Millionen Kinder von dem Dreck fernhalten.

Und nach dem Entzug?

Es erhöht die Chance des Alkoholikers nach dem Entzug, trocken zu bleiben, wenn er in ein Umfeld zurückkommt, das die Krankheit versteht, oder beginnt das zu tun.

Trocken zu werden ist der erste Schritt. Danach folgt ein langer Prozess des Nüchtern-Werdens, in dem der Kranke beginnt, seine Krankheit zu verstehen. Das geht leichter, wenn alle Beteiligten das tun. Logisch, oder?

Wann wird man nüchtern?

Manche werden es nie und leiden bis ans Ende in einem „nassen Umfeld“ als Fremdkörper oder werden rückfällig. Die anderen triffst Du in Online-Foren, wo sie von ihrem neuen Leben erzählen. Von Musik, Sport, Kunst, Karriere nach vielen Jahren Trockenheit – oder stolz von der ersten eigenen Wohnung.

Im Extremfall wird der Alkoholkranke nüchtern und sein Umfeld denkt weiter nass. Dann wird er gehen. Sein neues Umfeld lernt er in seinem neuen Leben kennen.

Die richtige Antwort auf die Frage könnte also lauten:

Du hilfst, indem Du Dir selbst helfen lässt

(und dann bitte die Erklärung mitliefern).